The Red Pill Movie

Gestern war die Deutschlandpremiere der Dokumentation über die Männerrechtsbewegung. Bevor ich damit beginne, möchte ich drei Dinge vorweg schieben.

1.: Vielen Dank nochmal an Sebastian Wessels, der mit der Organisation diese Premiere erst möglich gemacht hat und ein – in meinen Augen – sehr interessantes Statement gebracht hat. Sinngemäß: „Ich bin kein Aktivist, ich bin Wissenschaftler. Das ist der Grund warum ich der Wissenschaft den Rücken gekehrt habe.“

2.: Dies ist eine Filmkritik, deshalb ist mit Spoilern zu rechnen. Wobei das vielleicht falsch ausgedrückt ist. Alles was ich sagen möchte, nimmt vieles vorweg, was in dem Film wichtig ist. Deshalb: Wer den Film noch sehen möchte, sollte hier nicht mehr weiterlesen. Es sei nur soviel gesagt: Es lohnt sich (siehe 3.).

2.1: Alle Zitate sind aus dem Gedächtnis, ich bitte das also zu verzeihen, wenn sie nicht 100% akkurat sind. Sie sind aber sinngemäß richtig.

3.: Ich denke ich habe nie ein Geheimnis daraus gemacht, aber soll gerade hier noch einmal Erwähnung finden. Ich habe 50€ bei der Kickstarterkampagne ausgegeben, damit der Film produziert werden kann und ich habe 25€ ausgegeben, damit die Deutschlandpremiere starten konnte. Ich bin also finanziell beteiligt. Allerdings würde auch ein vollkommenes Ignorieren des Filmes mir keinen direkten Nachteil bringen und das andere Extrem (7,x Mrd unterschiedliche Zuschauer weltweit) würde mir auch keinen Vorteil bringen.

Jetzt wo wir das aus dem Weg haben, beginnen wir mit der eigentlichen Filmkritik. Ach ja eins noch: Es herrschte allgemeine Enttäuschung, dass gegen den Film nicht vor Ort protestiert wurde… 😉

Inhaltsangabe:

Wie bereits allen meinen Lesern bekannt sein dürfte, geht es bei der Dokumentation über die Männerrechtsbewegung. Um genauer zu sein, um die Männerrechtsbewegung in den USA und Kanada. Es werden zwar auch Männerrechtler aus Indien kurz näher beleuchtet, allerdings nur für wenige Sekunden. Ebenfalls wird kurz eine Ungerechtigkeit in Frankreich erwähnt.

Die Dokumentation beginnt damit, dass Cassie Jaye (Regisseurin) sich selbst vorstellt. Ihr Werdegang in der Filmindustrie und ihr Weg in die Dokumentationsfilmbranche. Sie erklärt, wie sie auf den Gedanken gekommen ist über die „Rape Culture“ einen Dokumentarfilm zu machen und wie sie dabei auf A Voice For Men gestoßen ist. Eine Art Collage entsteht, wo Überschriften von AVfM zu sehen sind und Textausschnitte, unterlegt mit den Worten: „Ich konnte die Artikel oft nur bis zur Hälfte lesen. Es gab nur eine begrenzte Anzahl an „Bitch“, „Slut“… die ich in einer bestimmten Zeit lesen konnte. Dennoch kam ich immer wieder zurück und las weiter.“

Danach wird der Filmname eingeblendet.

Es folgen dann die Interviews mit Männerrechtlern und Feministen. Immerwieder unterbrochen von dem persönlichen Videotagebuch von Cassie Jaye aber auch mit den Statistiken auf die sich Männerrechtler beziehen.

Es werden Probleme wie häusliche Gewalt, Familenrecht/Väterrechte aber auch Berichterstattung über Opfer eingehender besprochen. Andere Probleme werden mehr oder weniger kurz angerissen wie z.B. die hohe Todesrate bei Männern auf der Arbeit, die hohe Suizidrate (diese findet sich jedoch bei anderen Problemen oft wieder) und die kürzere Lebenserwartung.

Beim Thema häusliche Gewalt zeigt sie die Statistik vom CDC (PDF S. 48) in der Männer tatsächlich häufiger Opfer von physischer Gewalt wurden als Frauen. Zudem noch einen Interviewpartner der von einem Freund berichtet, der immer das Haus verlassen hat, wenn seine Frau ausflippte, damit ihn die Nachbarn sehen konnten und er nicht beschuldigt werden konnte. Ebenso einen anderen Interviewpartner, der berichtete, dass man ihm geraten habe das Haus zu verlassen, wenn sie ihn schlägt, weil man ihn sonst verhaften würde, wenn sie sich den Fingernagel dabei abbrechen würde. Gleichzeitig zeigt sie aber auch, wie in der Öffentlichkeit damit umgegangen wird. Sie zeigt, dass nahezu überall nur von weiblichen Opfern die Rede ist und Männer allenfalls als Täter vorkommen. Auch zeigt sie das Missverhältnis von Frauen und Männerhäusern in den USA und erklärt das Duluth-Model und das dieses Modell es in manchen Staaten der USA in die Gesetze geschafft hat.

Als es um das Thema Väterrechte geht, zeigt sie mehrere Interviewpartner und Geschichten zu den unterschiedlichsten Bereichen, wo es an den Väterrechten mangelt. Sie alle aufzuzählen wäre zu viel. Aber es wird gut durch Cassie Jaye zusammengefasst, die zwei Flowcharts zu diesem Thema gemacht hat und die auch in der Dokumentation gezeigt werden.
Diese Flowcharts befassen sich mit den Möglichkeiten, die Frauen bzw. Männer haben im Bezug auf Reproduktion und zeigen sehr anschaulich, dass die Wahlfreiheit des Mannes bei der Wahl welches Verhütungsmittel gewählt werden sollte endet. Alles andere ist die Entscheidung der Frau.

Das dritte große Thema war die Darstellung von Opfern in den Medien vor allem am Beispiel von Boko Haram und #BringBackOurGirls. Sehr eindrucksvoll zeigt sie die einzelnen Artikel die vorher über Boko Haram und ihre Gräueltaten geschrieben wurden. Oftmals ist nur von „people“ (Menschen) oder „students“ (Studenten/Schüler) die Rede. Aber durchaus auch von „boys“ (Jungen) oder „male students“ (männliche Studenten). Doch bei keinem dieser Artikel (die teilweise lebendiges Verbrennen behandelten) gab es einen internationalen Aufschrei. Erst als die Mädchen entführt wurden gab es eine riesen Kampagne. Karen Straughan zieht ein sehr schlüssiges Fazit dazu (sinngemäß): „Hätten wir uns mehr für das Leiden der Jungs interessiert, könnten diese Mädchen vielleicht noch friedlich in ihrem Schlafsaal schlafen.“

Relativ zum Schluss geht sie noch einmal auf die Unterschiede zwischen dem Redditforum „The Red Pill“, der MGTOW-Szene und den MRAs ein. In etwa so zusammengefasst:

  • MRAs wollen das System ändern
  • The Red Pill will das System für sich ausnutzen
  • MGTOW wollen das System verlassen.

 

Befürchtungen:

Bevor ich den Film sah hatte ich mehrere Bedenken, die jedoch alle mehr oder weniger ausgeräumt wurden. Leider wurde ich so mit Reviews, Tweets usw. zubombardiert, dass ich, obwohl ich versucht habe nichts davon zu lesen, vorher schon wusste, wie der Film ungefähr sein würde und welches Ergebnis sich ergeben würde. Dennoch verblieben mehrere dieser Bedenken.

1.: Die Auseinandersetzung mit den provokanten Beiträgen auf A Voice for Men

Ich befürchtete, dass eine solche Auseinandersetzung nicht stattfinden würde. Dies würde natürlich der differenzierten bzw. balancierten Betrachtung der Männerrechtsbewegung entgegenstehen, denn auch diese Artikel sind teil dieser Bewegung.
Stattdessen kam der erste Bezug darauf direkt in den ersten Sekunden des Filmes. Es wird deutlich gezeigt, dass dies keine entspannte Lektüre ist und dass dort viel Wut mitschwingt. Später im Film sagt Paul Elam/wird er zitiert: „Mit all diesem Wissen. Wie kann man da nicht wütend sein?“
An einer anderen Stelle setzt sie sich mit dem Artikel auseinander, der den „Bash a violent bitch month“ etabliert?… eingeführt?… vorgeschlagen?… genannt! hat. Beschreibt aber ausdrücklich, dass dies ein Satireartikel auf einen Jezebel Artikel ist. In diesem schreiben die Redakteurinnen dieses offen feministischen Magazins, dass sie selbst Täterinnen häuslicher Gewalt sind – und dass sie es teilweise auch lustig finden.

2.: Die Abgrenzung von PUAs und MGTOWs zu MRAs

Dies geschah mehr zum Schluss des Filmes und wurde nur sehr kurz abgehandelt. meiner Meinung nach etwas zu kurz, auch wenn das wesentliche gesagt wird. PUAs und MGTOWs sind keine MRAs. Merkt euch das liebe Netzfrauen.org – Feministinnen. Es wird auch ziemlich am Anfang klar gestellt, dass „taking the Red Pill“ Bezug auf eine Szene aus „The Matrix“ nimmt und nicht mit dem Reddit Forum in Verbindung steht.

3.: Männerrechtsprobleme und Männerrechtler

Ich befürchtete, dass die Balance zwischen den Problemen die Männerrechtler ansprechen und der Männerrechtsbewegung als solcher nicht gelingen würde. Also dass Cassie Jaye auf eines dieser Dinge zu sehr den Fokus legen würde. Man kann natürlich Männerrechtler nicht beschreiben ohne die Probleme die sie ansprechen zu beschreiben. Andererseits kann man aber auch Probleme die Männer betreffen gut beschreiben, ohne dass man einen MRA zu Wort kommen lässt. Natürlich ist diese Gefahr bei einer Dokumentation über Männerrechtler gering, aber immer noch möglich.

Tatsächlich ist durch die Interviews mit Feministen wie „Big Red“, Kathrine Spillar und Michael Kimmel eine zweite Perspektive auf die MRAs gekommen. Das war hoch interessant, vor allem, da das Interview mit „Big Red“ erst gezeigt wurde, nachdem sie auch bei Protesten zu sehen ist. Dort kann man ihr vielleicht diverse Verhaltensweisen und Ausdrücke wegen der „Hitze der Situation“ nachsehen, aber selbst in dem Interview ist sie… um es vorsichtig auszudrücken… vollkommen durchgeknallt.

Immer wieder behaupten Feministen in den gezeigten Interviews Dinge, die Männerrechtler angeblich fordern (Zeit zurückdrehen, Frauenhäuser dicht machen usw.) wozu Cassie Jaye sagt, dass sie genau diese Dinge nie von Männerrechtlern gehört hat, eher im Gegenteil. Dies beantwortet auch die aufgeworfene Frage, warum so viele Männerrechtler anti-feministisch eingestellt sind. Feministen blockieren auf verschiedenstem Wege eine Diskussion der Fakten.

 

Kritik des Films:

Der Film ist, finde ich sehr gut gemacht und zusammen geschnitten worden. Zwischendurch wurde der Film immer mal etwas entschleunigt, durch Highwayfahrten. Also wo das Kamerabild nur den Highway eingefangen hat, oder die Landschaft aus dem Autofenster heraus. Dies hat mich zwar nicht wirklich gestört, hätte aber meines Erachtens nach ruhig weniger häufig eingesetzt werden können. Dennoch hat mir @HotSolanum den Hinweis gegeben, dass wir natürlich in der Materie drin sind und für uns da nicht viel Neues drin war, diese Szenen aber für Menschen, die nicht mit der Thematik vertraut sind, sehr hilfreich sind, um das Gesehene zu verarbeiten. Aus der Perspektive betrachtet machen diese Szenen natürlich Sinn. Und ich denke auch, dass dies ein sehr wichtiger Punkt ist. Der Film ist nicht für Männerrechtler. Er ist für die Masse gemacht.

Man kann dem Film auch keine fehlende Balance vorwerfen, da er durchaus auch die Gegenposition zu Wort kommen lässt und auch die verbalen Tiefschläge der MRAs beschreibt. Nun könnte man behaupten, dass mit der Auswahl der Gegenposition zu diesen MRAs nur Verrückte ausgewählt wurden (wie „Big Red“). Allerdings stellen sich Kathrine Spillar (Executive Editor Ms.magazine; co-founder Feminist Majority Foundation) und Michael Kimmel (Autor, Soziologe, Professor) nicht viel besser an und diese sind schon feministische Schwergewichte.

An keiner Stelle des Filmes fühlte ich mich gelangweilt. Es ist ein guter Mix aus Interviews, Statistiken, Video Tagebuch, Highwayszenen, Nachrichtenausschnitten und vor allem Live-Szenen. Es ist anschaulich und nachvollziehbar gestaltet.

Alle Dinge, die ich zu bemängeln hätte, hätten auch mehr Zeit gefordert, die dieser knapp zwei Stunden Film nicht mehr hätte aufbringen können. Ich hätte mir mehr Tiefe bei den Väterrechten gewünscht oder auch (wie oben schon gesagt) mehr Zeit für die Abgrenzung zu PUAs und MGTOWs. Auch hätte ich liebend gerne ein Interview mit Camille Paglia oder (noch lieber) Christina Hoff Sommers gesehen. Letztere, weil sie eine nicht so verrückte Feministin ist. Aber auch ein geschichtlicher Rückblick auf die Männerrechtsbewegung fehlt vollständig. Also seit wann gibt es diese Bewegung. Was gab es vorher für Themen, was jetzt usw. .

Nun muss ich also abschließen: Eine gute Dokumentation über die Männerrechtsbewegung. Für MRAs nicht viel Neues, aber trotzdem interessant und kurzweilig zu schauen. Der Film behandelt Kernthemen der Männerrechtsbewegung genug um zu begreifen worum es geht. Die Themen hätten aber durchaus auch mehr Zeit und vielleicht eine eigene Dokumentation verdient. Mit wenigen Abstrichen, die man aber durch Dauer des Films und Zielpublikum entschuldigen und begründen kann, also ein rundum gelungener Film über die Männerrechtsbewegung und Männerprobleme.

Als Vorletztes möchte ich noch gesondert (ja, nach dem Fazit) auf die Videotagebücher eingehen. Natürlich kann Cassie Jaye nicht alles Material zeigen, aber die wenigen Ausschnitte die gezeigt wurden (und ich hatte den Eindruck, dass auch das ein oder andere Voice-Over aus den Videotagebüchern stammt), haben sehr anschaulich wiedergegeben, wie sich ihre persönliche Einstellung ändert. Diese Videotagebücher machen den Film nicht nur zu einer Dokumentation über die Männerrechtsbewegung, sondern auch zu einer Dokumentation darüber, wie sie die Rote Pille schluckt.

Und als letztes muss ich noch einmal auf Sebastian Wessels zurückkommen. Nicht nur, dass er die Deutschlandpremiere organisiert hat, er hat auch die Untertitel für diesen Film gemacht. Ich neige dazu immer die Untertitel zu lesen, bekomme dann aber nicht so viel vom Film mit, weshalb ich mich – gerade bei englischsprachigen Filmen – immer dazu zwingen muss, nicht die Untertitel zu lesen. Dennoch wandern meine Augen immer mal wieder dahin zurück. Ich habe also nur kurze Eindrücke von den Untertiteln bekommen. Diese waren aber durchaus gut und dies wurde mir auch nachher von anderen Zuschauern bestätigt.

4 Gedanken zu “The Red Pill Movie

  1. Pingback: Feministen rasten aus: Die Pille für den Mann ist da | stapelchipsblog

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