Flirten mit der taz

Ich habe kürzlich erneut eine Umfrage gemacht – und ganz demokratisch bei der Vorauswahl das Video als Antwortoption ausgelassen. Es geht um den Artikel „Debatte Sexismus: Flirtfreiheit des Mannes“ von Sibel Schick (Archiv).

Ich werde dabei nicht wie üblich alles zitieren, weil ein altes Düsseldorfer Altbier mir heute tatsächlich den Schädel sprengt.

Eigentlich gibt es eine große Auswahl an Orten, um in Kontakt mit anderen Menschen zu kommen: Fitnessstudio, Arbeitsumfeld, politisches Engagement – überall, wo sich Menschen befinden, können sich romantische Verhältnisse entwickeln – nicht nur in Clubs und Bars. Denn: Nur weil eine Frau allein in einer Bar sitzt oder in einem Club tanzt, ist sie nicht unbedingt offen für Angebote.

Was ich aber erst herausfinde, wenn ich den Kontakt aufnehme.

Dasselbe gilt auch für andere Geschlechter:

Korrekturvorschläge:

  • Dasselbe gilt auch für das andere Geschlecht:
  • Dasselbe gilt auch für Männer:

Menschen wollen und müssen nicht ständig und überall daran erinnert werden, ein Geschlecht zu haben, ein sexuelles Wesen zu sein.

Ob dieses Individuum das aber (gerade) möchte oder (gerade) will finde ich aber erst heraus, wenn ich Kontakt aufnehme.

Die Angesprochenen haben das Recht, so zu reagieren, wie sie möchten.

Nein, haben sie nicht. Nur weil jemand Kontakt auf nimmt, ist das kein Persilschein dafür sich wie ein Arschloch oder gar gewalttätig zu verhalten.

Sie haben das Recht, von dem Flirtversuch zu halten, was sie halten möchten. Da bleibt euch eins: in Ruhe lassen.

Was ist, wenn ich versuchen möchte das gerade zu biegen was ich möglicherweise verbockt habe um doch noch eine Beziehung zu ermöglichen?

Frauen* kennen es gut: Wenn sie mit Männern* in einem Club sind und diese mal kurz verschwinden, findet ein Tanzwettbewerb um sie herum statt. Die Begleitung merkt das nicht mal: Sobald sie wieder zurück sind, verschwinden diese Antänzer.

Ist das eine neuere Entwicklung? Ich bin seit ~10 Jahren nicht mehr in Clubs gewesen aber damals war ich immer (auch) mit Frauen da und es gab nie auch nur den Hauch von Beschwerden.

Vor allem war es immer so voll, dass man „Zurückkehrende“ meistens erst bemerkt hat, wenn sie einem auf die Schulter getippt haben. Ich weiß nicht wie die Zeiten sich geändert haben, aber ein „sich so verkrümeln, dass die begleitenden Männer es nicht mitbekommen“ war schliecht nicht möglich. Aber gut. Als 31 jähriger, alter, weißer Mann bin ich natürlich vollkommen unqualifiziert dazu was zu sagen.

Dasselbe gilt auch auf der Straße: Unterwegs mit einem Mann*, wird die Frau* nicht blöd angemacht. Sobald sie allein ist, schon.

Das glaube ich schon eher. Wobei auch Frauen angemacht werden, die in Begleitung von Männern sind. Und Frauen nicht angemacht werden, wenn sie alleine sind.

Und was soll eigentlich dieser bescheuerte Stern?

Natürlich können auch in Clubs romantische Beziehungen beginnen. Hier ist es ganz wichtig festzustellen, ob die Person, die angetanzt oder angesprochen wird, ein deutliches Interesse zeigt. Das lässt sich ganz leicht feststellen: Ignoriert dich die Person, vermeidet Augen- und Körperkontakt, dann hat sie keine Lust. Was macht man dann? Man lässt die Person in Ruhe. Alles, was darüber hinaus passiert, ist sexuelle Belästigung.

Erstmal wäre festzustellen, ob sie auf Dich nicht reagiert, weil sie dich nicht bemerkt hat. Again: vielleicht hat sich das in den letzten 10 Jahren geändert, aber damals war es in Clubs meistens laut und eng.

Wenn du festgestellt hast, dass sie tatsächlich keinen Kontakt zu dir sucht, dann solltes man situationsbedingt aufhören. Aber, nur weil ich mit jemandem spreche, ist das KEINE sexuelle Belästigung.

Nein heißt nein

Heißt nein wirklich immer nein? Ja.

Nein.

Es gibt so etwas wie paraverbale Kommunikation und nonverbale Kommunikation. Bei der paraverbalen Kommunikation sind Betonung, Lautstärke und Tonfall der gesprochenen Worte relevant. Ironie und Sarkasmus sind dafür sehr populäre Beispiele. Jetzt ist es natürlich nciht einfach sowas schriftlich darzustellen, aber ich versuchs:

„Neeeeeeiiiiin, es gibt natürlich KEINE Möglichkeit wo nein etwas anderes als nein bedeuten könnte. Gibts nich.“

Dazu Frau Anne breakpoint Nühm auch mal was geschrieben (Archiv).

Dazu gibt es dann auch die nonverbale Kommunikation. Also Körpersprache, Mimik Schrift, Stummfilm, Bilder zum Beispiel.

Wenn verbale Kommunikation und paraverbale bzw. nonverbale Kommunikation nicht übereinstimmen, dann spricht man von „inkongruenten Botschaften“. Dazu habe ich bereits einmal einen Blogpost geschrieben, den ich hier nochmal wärmstens ans Herz legen möchte (Archiv). Den relevanten Teil mit Beispielen findet man unter Punkt 2. (Aus dem Buch „wie generiere ich Klicks“ von S. Chips)

Das Bild, das wir von romantischen Fiktionen vermittelt bekommen, in denen der Mann nach dem Nein der Frau hartnäckig bleibt, bis er sie endlich überzeugt – das müssen wir verlernen.

Ich konnte mir hier das Lachen nicht verkneifen. Hat meinen Kopfschmerzen gut getan – die sind jetzt präsenter als zuvor. Dir ist schon klar, dass Frauen diese Filme tendenziell eher gucken und die meisten Männer diese Filme eher nicht gucken und wenn, dann eher aus Zuneigung zu der Frau. Das wiederum passiert aber meistens erst lange nach der ersten Kontaktaufnahme…

Es ist wichtig, die sexuelle Belästigung nicht nur aus der Perspektive zu betrachten, was sich der Mann erlauben darf und wie weit er geht. Die „Flirtfreiheit des Mannes“ ist hier nicht der einzige Gesichtspunkt.

Stimmt. Frauen können natürlich genauso sexuelle Belästigen.

Wichtiger sind die Grenzen der Person, der das Angebot gemacht wird.

Versteh ich nicht. Die Grenzen der Person, der das Angebot gemacht wird, sind der Punkt wie weit die anbietende Person gehen darf ohne das es der Person der das Angebot gemacht wird unangenehm wird. Aber sexuelle Belästigung ist ein Straftatbestand (§184i StGB). Die Sache ist, dass die Grenzen einer – um bei deinem Beispiel zu bleiben – Frau durchaus sein können: Kannst mir an den Hintern fassen, mein Gesicht streicheln, aber nicht an meine Brüste gehen. Oder: Du darfst mir die Hand auf die Hüften legen, eng mit mir tanzen, dabei sogar deine Hüfte an meine schmiegen (so von wegen antanzen und so).

Aber all dies kann auch schon den Straftatbestand der sexuellen Belästigung erfüllen. Aber gesprochene Worte erfüllen diesen Straftatbestand definitiv nicht. Und das ist auch verdammt gut so.

Wiederholung: An einem normalen Tag können insbesondere Frauen* von mehreren Menschen blöd angemacht werden.

*sight*

kann man das noch schwammiger ausdrücken?

normalen Tag – An einem unnormalen Tag ist es nur ein Mensch oder gar keiner?

können – klar kann das passieren. Muss aber nicht.

blöd angemacht – Es mag vielleicht in deinem Dunstkreis anders sein, aber in meinem erzkonservstiven Fleckchen Erde gilt “ Was guckstn so doof“ auch als blöd anmachen.

Wenn sie Nein sagen, dann meinen sie es auch so. Und wenn sie jede*n einzelne*n mehrmals Nein sagen müssen, wird aus dem Flirtversuch Unterdrückung.

Nein (siehe oben) und nein. Und jetzt muss ich mal ein bisschen ranten.

IHR SCHEISS WICHSER. Juden wurden im dritten Reich unterdrückt, Sklaven wurden (und werden) unterdrückt. Wagt es nicht euch mit dem auf eine Stufe zu stellen.

Kommt mir nicht mit „Mehr als einmal nein sagen müssen ist Unterdrückung“. Ihr seid geistig grenzdebile verzogene Wohlstandsgören, die in ihrem Leben nie was schlimmeres erleben mussten, als dass sie einmal in ihrem Leben nicht sofort das bekommen haben was sie wollten. „Unterdrückung“. Total. Das Problem was ihr habt ist Realitätsverlust.

Noch ein Hinweis: Anbaggern ist kein Kompliment. Punkt.

Doch. Rufzeichen.

Die Geschlechtsorgane an wildfremden Menschen zu reiben oder sie zu begrabschen ist ausnahmslos immer sexuelle Belästigung und kein Kompliment.

Wie oben schon erwähnt ist das nicht ausnahmslos immer der Fall. DEINE Grenzen sind nicht automatisch die Grenzen von anderen Menschen. Dazu noch die Stichpunkte: Swingerpartys / Gangbangpartys und schwuppdiwupp wissen wir, dass Du vollkommenen Unsinn redest.

Wenn wir uns hier einig sind, können wir weitermachen:

Können wir auch so. Ich bin nicht so kleinkariert, dass ich glaube, nur weil Du die meiste Zeit unter geistiger Umnachtung leidest, dass Du nicht auch mal wache Momente haben könntest. Ein blindes Huhn findet…

Wenn jemand nicht angebaggert werden möchte, dann möchte er es einfach nicht. Da ist keine Diskussion notwendig, weil das keine Debatte ist.

Siehste. War doch gar nicht so schwer. Dir muss aber bewusst sein, dass dies individuelle befindlichkeiten sind, die vom Gegenüber, der Situation, der Tageszeit, dem Zeitpunkt im weiblichen Zyklus und dem Alkoholpegel abhängen können. Und um herauszufinden, ob jemand von dir angebaggert werden möchte, musst du die Person anbaggern.

Ein Eingriff in die persönlichen Grenzen ist psychologische Gewalt.

Der Begriff den Du suchst ist „psychische Gewalt“. Und nein ist es nicht – also nicht zwangsläufig.

Aber ganz ehrlich. Ich habe kein Bock mehr dir die Komplexität menschlichen Sozialverhaltens zu erklären. Mein Kopf brummt vom 7 Jahre alten Altbier und Dein soziopathisches Geschreibsel bereitet mir seelische Schmerzen. Für Menschen wie Dich gibt es professionelle Hilfe.

Ich rate Dir einfach mal über folgendes Zitat aus Deiner Speicherplatzverschwendung ernsthaft nachzudenken:

Jemandem dann auch noch zu sagen, er habe das Ganze als Kompliment zu verstehen, ist schlichter Faschismus: „Sei doch froh, dass ich überhaupt Interesse an dir habe“ heißt: „Lass dir alles gefallen, was ich mit dir anstellen möchte.“ Außerdem – wann habt ihr denn das letzte Mal jemandem ein Kompliment gemacht? Gehört das überhaupt zum Alltag in Deutschland?

Heterosexuelle Männer, die Datingapps nutzen, erzählen häufig, dass die Interaktion in der Regel nur auf die Initiative des Mannes hin erfolgt. Ein Grund dafür ist möglicherweise, dass es Frauen* schon früh beigebracht wird, so wenig offensiv zu sein wie möglich. So schwierig zu haben zu sein, wie es geht – das soll ihren Wert bestimmen.

Dabei verstärkt das nur die Ver­gewaltigungskultur: Ein nicht ernst genommenes Nein kann schwere Folgen haben. Da hilft es allen Geschlechtern zu versuchen, über die patriarchalen Strukturen hinauszuwachsen.

Man kann es Menschen schon ansehen, wenn sie Lust haben, in Kontakt zu treten. Wenn man es sehen und wahrhaben will, ist es überhaupt nicht schwierig. Wenn einem aber nur die eigenen Bedürfnisse wichtig sind und die von dem Gegenüber egal, dann sollte man auch nicht rumheulen, wenn man die Sache beim richtigen Namen nennt – nämlich sexuelle Belästigung.

 

4 Gedanken zu “Flirten mit der taz

  1. Ich denke das Frau Schick zwischenmenschliche Probleme hat und meint das ihre Probleme zu verallgemeinern sind.
    Frau Schick sollte Mal mit Frauen reden die gerne weggehen und auch gerne Mal flirten …

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  2. Hallo, besten Dank für Deinen ausführlichen Kommentar!

    Ich hab‘ mich ein bißchen gewundert, daß Du ihre Bemerkung „Sobald sie allein ist, schon“ so einfach durchgehen läßt.

    Auf der Straße werden die meisten Frauen eben nicht „blöd angemacht“ – auch nicht, „sobald sie allein [sind]“. Blöde Anmache ist nicht die Regel, sondern die absolute Ausnahme – auch bei Frauen, die allein auf der Straße unterwegs sind. (Und das gilt auch dann, wenn man in diesem Zusammenhang “Was guckstn so doof“ als blöde Anmache gelten läßt.)

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  3. Pingback: „Nein heißt Nein“ | uepsilonniks

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